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Im Krankenhaus (3): CGM und Entlassung

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Routine im Krankenhaus gibt uns Sicherheit und Zuversicht

In der zweiten Krankenhauswoche nimmt die Termindichte bereits ab. Es stehen nur noch wenige Pflichttermine an, die meisten Themen aus den Schulungsterminen haben wir bereits durchgearbeitet. Das Handy ist bestellt, wir warten nur noch auf die Lieferung und es steht lediglich die Organisation und Abstimmung mit der Kita an. Aktuell gibt nur der normale Krankenhausablauf, Messen und Essen, unseren Tagesablauf vor.


Die festen Strukturen im Krankenhaus geben uns Sicherheit. Hier in dem geschützten Umfeld (jeden Morgen und Abend das gleiche Brot, der gleiche Aufschnitt, die gleichen Aktivitäten etc.) werden wir langsam routinierter und auch ruhiger. Zuversicht nimmt zu, dass wir den Alltag mit Diabetes auch alleine zuhause bewältigen können.

Auf der anderen Seite haben wir nun Mühe die Zeit zwischen den Mahlzeiten und dem Messen zu überbrücken. Die Tage starten früh, so um 7.00 Uhr, und enden für unsere Verhältnisse recht spät: Letztes mal Blutzucker messen mit anschließendem Wackelpudding um 20.00 Uhr. Die kleine Qualle ist meistens nicht vor 20.30 Uhr im Bett. Der Schlafmangel gepaart mit den Anstrengungen der letzten Woche führen zum Teil tagsüber zu schlechter Laune. An einem Abend schläft die kleine Qualle tatsächlich schon nach dem Abendessen gegen 18.30 Uhr vollkommen erschöpft ein, obwohl unsere Zimmernachbarn noch eine „Party“ veranstalten. Wir lassen sie schlafen. Es ist gut, dass sie endlich Zeit hat runter zu kommen und sich erholen kann.

Da nur noch wenige Termine anstehen und wir dem Spielplatz und dem Uno spielen schon überdrüssig geworden sind, fragen wir, ob wir einen freien Nachmittag außerhalb des Krankenhauses verbringen dürfen. Dies wird bejaht und wir freuen uns auf einen Familiennachmittag am Mittwoch. Und fiebern natürlich immer noch der Entlassung am Donnerstag entgegen.

Organisation für die Rückkehr in die Kita

Bis zu unserem Ausflug haben wir noch genug Zeit mit der Kita zu klären, wie und wann die kleine Qualle wieder in den Kindergarten gehen kann. Denn nach den vergangene zwei Wochen wünschen wir uns alle wieder mehr Alltag und Normalität. Außerdem vermisst die kleine Qualle ihre Freunde, die sie nun fast 4 Wochen nicht gesehen hat.
Ich hoffe, dass alles relativ reibungslos gehen würde, auch wenn meine erste Internetrecherche mich etwas verunsichert. Da war oft die Rede von langwierigen Suchen nach einer Kita-Assistenz und Kindergärten, die Kinder mit Diabetes nach der Diagnose nicht mehr aufnehmen wollten. Dass unsere kleine Qualle nun wegen der Diagnose ihr gewohntes Umfeld und ihre Freunde verlassen sollte, war für mich unvorstellbar.
Zum Glück kam es anders. Unsere Kita-Leitung hatte über den Sommer gewechselt, sodass wir eine super motivierte und engagierte Ansprechpartnerin hatten, die wir auch schon kannten. Wir schilderten ihr die Situation und nach Rücksprache mit dem Team bekamen wir schnell die Rückmeldung, dass die kleine Qualle auf jeden Fall wieder kommen kann und die Erzieher in ihrer Gruppe sogar das Diabetes Management mit unserer Unterstützung übernehmen würden. Wenn möglich wollten sie sich auch gern professionell schulen lassen. Einfach großartig!

Also erkundigen wir uns bei der Diabetes Beraterin nach entsprechenden Schulungen für Kita-Personal. Für rund 300€ würde jemand aus dem Diabetes-Team des Krankenhauses kurzfristig in die Kita fahren und dem gesamten Kita-Personal in unserer Einrichtung eine auf uns zugeschnittene Schulung geben. Die Kostenfreigabe dafür erfragte die Kita-Leitung bei der Stadt – und wurde abgelehnt. Vielen Dank liebe Stadt an dieser Stelle! Mein Mann hätte am liebsten eine Mail an die zuständige Person in der Integrationshilfe geschrieben. Ich kann ihn verstehen, habe ihn aber davon abhalten, denn wir haben gerade andere Sorgen. So einen Machtkampf brauchen wir gerade nicht auch noch.

Kurz überlegen wir, die Schulung aus eigener Tasche zu bezahlen, da informiert uns die Diabetes-Beraterin, dass es auch noch eine kostenfreie Schulung im Krankenhaus gibt. Diese findet schon am kommenden Freitag im Krankenhaus statt. Die Info geben wir weiter an den Kindergarten und sind wieder einmal sehr dankbar – die zwei Erzieherinnen werden am Freitag für die Schulung freigestellt, fahren mit dem privaten Wagen ca. 30km ins Krankenhaus und nehmen an der allgemeinen Diabetes Schulung teil. Ein großes Lob und vielen Dank an dieser Stelle an unsere Kita und die tollen Erzieher. Durch diese Unterstützung fällt uns ein riesiger Stein vom Herzen.

Der erste Glukosesensor

Gegen Ende unseres Krankenhausaufenthalts, nachdem das Handy konfiguriert und wir die nötigen Online-Schulungen absolviert haben, bekommt unsere kleine Qualle ihren ersten Glukose-Sensor. Wir besprechen mit unserer Diabetes Beraterin, wie zukünftig die Blutzuckermessungen über den CGM (continuous glucose monitoring) stattfindet und welche Vorteile dies im Zusammenhang mit der Insulinpumpe bringt.

Dann wollen wir den ersten Glukosesensor am Oberarm unserer kleinen Qualle setzen. Nachdem der Katheterwechsel schon letztes Mal nicht gut geklappt hat, bekommt unsere Tochter berechtigterweise angesichts der wirklich riesigen „Setzhilfe“ des Freesytyle Libre3 die Panik. Auch der Bestechungsversuchs, dass sie sich ein Kuscheltier aussuchen darf, wenn der Sensor gesetzt ist, hilft nicht.

Eigentlich wollte ich den Sensor setzen, da sich unsere Kleine aber so wehrt und richtig außer sich ist, überlasse ich dies doch der Diabetes-Beraterin.

Im Anschluss darf sich die kleine Qualle das versprochene Kuscheltier aussuchen. Nach der Aktion scheint das für unsere Qualle aber kein richtiger Trost zu sein. Sie ist schweißgebadet und kann sich gar nicht mehr richtig erholen. Der Schock nach diesem Erlebnis hängt uns allen noch eine Weile nach.

Und wieder frage ich mich, wie wir das zuhause nur schaffen sollen…

Erster Ausflug zum Spielplatz mit neuem CGM

Am kommenden Tag stehen keine weiteren Termine an. Wir erfragen, ob wir das Krankenhausgelände für einen Spielplatzbesuch am Nachmittag verlassen dürfen. Dies wird uns erlaubt und wir reservieren voller Vorfreude ein vom Krankenhaus gestelltes Lastenrad, mit dem wir gemeinsam zum Spielplatz fahren wollen. Das Wetter ist super, wir dürfen bald nach Hause, alles wird gut werden.

Also starten wir am Nachmittag mit unserer neuen „Ausrüstung“: der Pumpe im Bauchgurt und Handy im kleinen Rucksack. Nachdem ich mich mit dem Gewicht des Lastenrads angefreundet hatte und die Strecke zum Glück überwiegend geradeaus verlief, kamen wir am großen Abenteuerspielplatz an. Unsere Tochter lief direkt los und probierte verschiedene Geräte aus, wir Eltern dackelten ihr auf Schritt und Tritt hinterher, damit wir bloß keine Meldung vom Sensor verpassten und das Gerät nicht außer Reichweite kommen konnte (Zu dem Zeitpunkt waren wir nur mit einem Handy ausgestattet, das nahe am Kind bleiben muss, damit der „Empfang“ gewährleistet ist).

Dementsprechend oft, holen wir das Handy aus dem kleinen Rucksack heraus und prüfen die Werte.

Da wir im Krankenhaus wenig bis keine körperlichen Aktivitäten hatten und die Blutzuckerwerte bis dahin im Krankenhaus auch eher zu hoch als zu niedrig waren – bis dahin hatten wir nur 1 Unterzuckerung – bekamen wir es hier mit einer bis dahin unbekannten Dimension des Diabetes zu tun. Außerdem hatten wir bis gestern kein CGM und waren es daher auch nicht gewohnt, die Werte in allen Höhen und Tiefen mitverfolgen zu können.

Mein Mann hatte von Zuhause ein Fresspaket für den Spielplatz vorbereitet. Da durch unseren Krankenhausaufenthalt der Kühlschrank zuhause wenig bestückt war, hatte er für uns zwei Brezeln aufgebacken. Diese versuchen wir heimlich zu essen, was sich schrecklich anfühlt. Denn wir hatten aus dem Krankenhaus die Info, dass auf Vollkornprodukte (Brezel = helles Mehl = ungeeignet) geachtet werden soll. Außerdem hatte die Brezel eine riesige Anzahl Kohlenhydrate, die wir ja ebenfalls im Auge behalten sollten. Eine Zwischenmahlzeit sollte ca. 20 KH haben. (eine Brezel ca. 40g KH = also keine geeignete Zwischenmahlzeit). Kleiner Spoiler an dieser Stelle: Zum Glück werden wir im Alltag entspannter und sind einfach zu diesem Zeitpunkt sehr verunsichert von all den neuen Informationen 🙂

Hilfe, Unterzuckerungen! Was nun?

Durch das vielen Rennen, Toben und Klettern hatten wir jede halbe Stunde eine Unterzuckerung und haben gedacht, dass wir dies durch Essen ausgleichen müssen. Haben aber auch gleichzeitig alles entsprechend gebolt, was dann nach kurzer Zeit wieder zur Unterzuckerung führte. Von KH Einheiten, die man bei Sport nicht berechnet, hatten wir bis dahin leider nichts gehört, denn das Sportprogramm war nur für ältere Kinder. Daher konnten wir diesbezüglich keine Erfahrungen sammeln. Bei jüngeren Kindern, wie unserer Tochter, ging man nach Aussage des Krankenhauses davon aus, dass die gewohnten Aktivitäten tagsüber nicht besonders beachtet werden müssten.

Auf dem Heimweg hatten wir dann nahezu alle Traubenzucker aufgebraucht, nur eins konnte ich unserer Tochter noch während der Fahrt geben. Und immer noch nahm der Blutzuckerwert, der schon an der unteren Grenze ist, stetig weiter ab. Dann fahren wir mit Höchstgeschwindigkeit und mit Panik vor einer echten Unterzuckerung ins Krankenhaus und sind einfach nur froh, als wir wieder da sind.

Dass eine leichte Unterzuckerung bei Werten knapp unter 70 mg/dl ganz normal ist und meist noch genug Zeit bleibt um leicht zu verarbeitende Kohlenhydrate zu besorgen, war mir damals noch nicht bewusst. Mittlerweile sind wir auch im Umgang mit Unterzuckerungen gelassener geworden, auch wenn wir direkt auf die Warnmeldungen des Systems reagieren und dies nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Hinterher erfuhren wir in der letzten Diabetes Schulung noch vom Ease-off Modus, der beim Sport eingeschaltet werden konnte. Diesen haben wir dann ein paar mal ausprobiert und haben jedes mal festgestellt, dass dies dann zu hohen Werten führt. Seit dem nutzen wir den Ease-Off Modus nicht mehr. Ausschließen möchte ich aber die Funktion auf Dauer nicht. Da wir noch in der Findungsphase sind, kann es gut sein, dass wir dem Ease-Off Modus irgendwann nochmal eine zweite Chance geben.

Juhuu, wir werden entlassen

Nach zwei Wochen im Krankenhaus muss ich sagen, dass wir gelassener und zuversichtlicher sind. Die starren Routinen im Krankenhaus tragen dazu bei, dass wir die Abläufe gut verinnerlichen können. Wir werden immer sicherer im Wiegen, Messen und mit der Pumpe. Und können uns mit Ausnahme der Katheter- und Sensorwechsel alles ganz gut zuhause vorstellen.

Nach gut 14 Tagen Krankenhausaufenthalt fahren wir mit vielen neuen Infos, aber recht zuversichtlich nach Hause.

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