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Wieder zuhause

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Zwischen Erleichterung und Anspannung

Am Donnerstag kommen wir nach 2 Wochen Krankenhausaufenthalt glücklich wieder zuhause an. Die kleine Qualle freut sich riesig endlich ihre ganzen Kuscheltiere wieder zu sehen und verschwindet erstmal zum Spielen in ihr Zimmer.

Auch wir Eltern können kurz verschnaufen, eine gewisse Anspannung bleibt allerdings. Denn sowohl der Ausflug auf den Spielplatz als auch das Probe-Wochenende zuhause waren anstrengend und von Unsicherheit begleitet. Das Krankenhaus hatte bis dahin immer noch Rückhalt gegeben, im Ernstfall war immer jemand ansprechbar. Nun sind wir auf uns allein gestellt. Die Unterlagen aus dem Krankenhaus mit den Infos zum Vorgehen bei Unterzuckerungen und Überzuckerungen liegen griffbereit auf dem Esstisch. So können wir jederzeit alles Wichtige nachschlagen: Wann müssen Ketone gemessen werden? Was machen wir, wenn die Werte über mehrere Stunden zu hoch sind und nicht wieder runter gehen? Was bedeutet die Fehlermeldung auf der Pumpe? Ebenfalls griffbereit sind die Telefonnummern der Diabetes-Station, für den Notfall.

Krankenhausabläufe weiterhin Teil unseres Alltags

Um uns das Leben erstmal zu erleichtern, halten wir uns noch streng an den Tagesablauf im Krankenhaus:

  • 07:00-08:00 Uhr Frühstück: Müsli mit Joghurt oder Milch (30g KH)
  • 10:00 Uhr Zwischenmahlzeit: Joghurt mit Obst (20g KH)
  • 12:00-13:00 Uhr Mittagessen: wechselnde warme Mahlzeit (30g KH)
  • 15:00 Uhr Zwischenmahlzeit: Joghurt mit Obst oder Reiswaffeln
  • 18:00 Uhr Abendbrot: Vollkornbrot mit herzhaftem Aufschnitt wie Käse, Salami, Frischkäse etc.

Gefühlt besteht unser Tag nur noch aus Mahlzeitenplanung und Kochen und Schnibbeln, damit alles rechtzeitig auf dem Tisch steht und nach den Vorgaben des Krankenhauses umgesetzt ist. Zwischen den Mahlzeiten bieten wir Gemüse an, welches auch wieder vorbereitet und geschnitten werden muss.

Zusätzlich schauen wir ständig auf die Blutzuckerwerte, damit die Werte in einem Bereich liegen, in dem wir auch essen können. Denn immer wieder sind die Werte so hoch, dass wir lange warten, bis wir essen können, oder so niedrig, dass wir zeitnah essen müssen.

Was ich damals gern gewusst hätte: Die Werte waren scheinbar noch nicht gut eingestellt und wir haben bei Unterzuckerungen zu selten Hyposnacks gegeben, um den niedrigen Wert zu überbrücken und noch entspannt weiter kochen zu können :-).

Die kleine Qualle geht wieder in den Kindergarten

Schon am Montag beginnt für die kleine Qualle glücklicherweise wieder der gewohnte Alltag. Da das Kita Personal sich bereit erklärt hat, das Diabetes-Management während der Kita-Zeit zu übernehmen, kann unsere Tochter direkt nach der Entlassung wieder starten. Ich bin noch krankgeschrieben und begleite sie die erste Woche und erkläre den Erzieherinnen was zu beachten ist und wie das Obst im Kindergarten berechnet werden muss. Glücklicherweise bringen hier alle Kinder ihr eigenes Essen mit (früher hätte ich es schöner gefunden, wenn das Frühstück vom Kindergarten gestellt werden würde, damit alle Kinder das gleiche essen. Aber, dass wir das Essen selber zuhause abwiegen und mitgeben, erleichtert uns den Alltag mit Diabetes enorm. So ändern sich die Perspektiven :-)).

Schon nach wenigen Tagen sind die Erzieher so sicher im Umgang mit der App und dem berechnen der Lebensmittel, dass ich die ersten Stunden nach Hause fahren kann. Natürlich sind wir telefonisch immer erreichbar, aber wir sind sehr zufrieden wie problemlos die Rückkehr gelaufen ist.

Katheterwechsel zuhause – viel entspannter dank Emla Salbe

Auch der erste Katheterwechsel steht am kommenden Tag an – der erste, den wir dann alleine bewältigen werden. Nach den letzten Katheter- und Sensorwechsel im Krankenhaus hat sich die Situation nicht gerade entspannt. Vielmehr hat die kleine Qualle Angst vorm Setzen des Sensors und damit auch vor dem Wechsel der Katheter bekommen.

Nach dem Setzen des allerersten Sensors, was wirklich eine traumatische Erfahrung für uns und besonders für die kleine Qualle war, war ich durch meine Internetrecherche glücklicherweise auf die Emla Salbe gestoßen, die in einigen Diabetes-Foren von vielen Eltern genutzt und für gut befunden wurde. Diese Salbe betäubt die Hautstelle lokal, sodass der Sensor oder Katheter schmerzfrei gesetzt werden kann. Die Schwester im Krankenhaus hatte uns von der Nutzung abgeraten, da die Wirkung nachlassen könnte und es außerdem immer sein kann, dass man die Salbe nicht dabei hat. So haben wir im Krankenhaus weiterhin ohne die Salbe Katheter gewechselt. Doch die Argumentation der Schwester konnte ich nicht nachvollziehen und außerdem hatte ich Angst, dass sich die Panik unserer Tochter noch verstärken würde und wir so zuhause gar keinen Wechsel ohne Festhalten und Geschrei hinbekommen würden. Die Beziehung zu unserer Tochter wollte ich unbedingt so vertrauensvoll weiterführen wie bisher. Die Vorstellung sie zum Katheter- oder Sensorwechsel festhalten zu müssen, war für mich unvorstellbar. Wie sollte das dann auch langfristig aussehen? Irgendwann würde sich die kleine Qualle vor uns Verstecken, wenn der Katheter oder Sensor gewechselt werden muss. Sollen wir sie dann gewaltsam aus ihrem Versteck holen? Auf keinen Fall… eher nehmen wir in Kauf, dass die Wirkung der Creme irgendwann nachlässt, sie sich aber erstmal entspannt an alles gewöhnen kann. Die Creme bestelle ich daher direkt in der Apotheke, sodass wir sie von Anfang an zuhause verwenden können.

Und das war aus meiner Sicht eine gute Entscheidung. Der erste Katheterwechsel zuhause erfordert zwar noch viel gutes Zureden von beiden Elternteilen, aber nachdem die kleine Qualle die Wirkung der Emla Creme gemerkt hat, wird es mit jedem Wechsel entspannter. Gleiches gilt für den Sensorwechsel, der in der Anfangszeit noch mit deutlicher Spannung und Abwehrhaltung einher geht, aber auch hier nach und nach immer mehr Ruhe einkehrt.

Zusätzlich hilft die Ablenkung durch Videos, die sich die kleine Qualle beim Wechsel der Katheter und Sensoren ansehen darf. Das Ganze hat seinen Ursprung im Krankenhaus, als wir nicht mehr wussten, wie wir unsere Tochter ruhig stellen sollten. Zuvor hatten wir recht strenge Regeln, was den Medienkonsum zuhause angeht. Mittlerweile sind wir deutlich entspannter geworden, auch wenn es immer noch deutliche Grenzen gibt. Auch hier sind wir uns einig, dass das entspannte Setzen der Katheter Vorrang hat vor unseren Regeln des Medienkonsums. Und dass der Medienkonsum nicht so schadet, wie die Angst beim Sensorwechsel.

Abgefallene Sensoren, Signalverlust & Co.

Nachdem wir die behütete Umgebung des Krankenhauses verlassen haben und immer mehr in unseren gewohnten Alltag zurückkehren, stellen wir fest, dass das echte Leben noch viel mehr Herausforderungen stellt, als gedacht. Erst recht mit Diabetes. So verlieren wir in den ersten Wochen sehr oft den Katheter. Sei es beim Kinderturnen, beim auf die Toilette gehen oder beim Toben mit Oma – gefühlt alle Aktivitäten müssen durch einen Katheterwechsel unterbrochen werden. Nicht nur einmal kommen der kleinen Qualle dabei die Tränen… weil es wehtut und weil es einfach nur nervt. Mittlerweile merken wir, dass es nun schon viel seltener passiert und man sich auch daran gewöhnt auf Sensor und Katheter zu achten. Ähnlich geht es wohl auch der Qualle, die schon selbstverständlich darauf hinweist, wo der Katheter gerade sitzt.

Wir Eltern wundern uns außerdem oft über wiederkehrende Signalverluste in der App. So sehen wir keinen aktuellen Wert, oft in den ungünstigsten Situationen, zum Beispiel, wenn der Blutzuckerwert gerade drastisch nach unten abfällt. Das Internet bietet dazu auch keine Lösungen an, geschweige denn die Website der Hersteller, die lediglich darauf hinweisen, dass das Handy in Reichweite von 2 Metern sein soll. Verschiedene Hypothesen können wir aus heutiger Sicht widerlegen:

  • Liegt es daran, dass das Handy zu weit weg liegt? Nein, denn Signalverluste treten auch auf, wenn das Handy direkt neben ihr liegt
  • Liegt es daran, dass sie nachts auf ihrem Arm liegt? Nein, denn Signalverluste treten auch auf, wenn sie nicht auf ihrem Arm liegt
  • Liegt es daran, dass wir in einem Wasserbett schlafen und das Signal nicht gut übertragen werden kann? Nein, auch in anderen Betten oder im Zelt haben wir Signalverluste.
  • Liegt es daran, dass der Wert zu schnell steigt oder sinkt…. möglich, denn hier sagt die Website des Herstellers, dass der Sensor nochmal nachmisst, bis es wirklich sicher ist, dass der Wert korrekt ist.

Wir haben wirklich oft überlegt, was die Gründe für die Probleme sein könnten, sind aber immer wieder zu dem Schluss gekommen, dass es außerhalb unseres Einflussbereiches ist. Da hilft also nur akzeptieren und tief durchatmen, wenn es mal wieder so weit ist. Mit der Zeit werden wir auch entspannter, da man die Situationen besser einschätzen kann (ja, es war auch immer ein wenig Angst dabei, dass der Wert total abrauscht). Trotzdem schätzen wir uns glücklich, dass wir mit so guter Technik ausgestattet sind, auch, wenn sie noch nicht perfekt ist.

Neustart im Diabetes – Alltag

Nach und nach trauen wir uns die festen Strukturen zu verlassen und unseren gewohnten Alltag wieder aufzunehmen. Vormittags geht die kleine Qualle in den Kindergarten, nachmittags sind wir zuhause, laden Freunde ein oder fahren auf den Spielplatz. An den Wochenenden sind wir oft bei Freunden oder bei der Familie und eigentlich liegt immer etwas an.

Und genauso turbulent wie unser Alltag, so verhält sich auch die Blutzuckerkurve. In den ersten Wochen haben wir eigentlich durchgängig das Handy in der Hand und checke die Werte, denn diese sind entweder zu hoch oder zu niedrig und wir korrigieren quasi immer, egal in welche Richtung. Einen stabilen Wert haben wir nicht und das empfinde ich als extrem anstrengend. Nachts haben wir viel zu hohe Werte, die wir nicht in den Griff bekommen und wir überlegen permanent, wieso der Wert nun wieder entweder viel zu hoch oder zu niedrig ist. Vom persönlichen Glukoseziel haben wir zu dem Zeitpunkt noch gar nichts gewusst 🙂

Täglich kontrollieren wir den Verlauf der Werte und schauen, ob wir auf Basis der letzten 2-3 Tage Änderungen an den Mahlzeitenboli vornehmen müssen. Katheter- und Sensorwechsel planen wir nach dem Kindergarten fest in unseren Kalender ein, damit wir ausreichend Zeit haben für einen stressfreien Wechsel.

Ebenfalls wird täglich eine kohlenhydratfreie Brotdose mit Gemüse und Nüssen gepackt und eine Brotdose mit Brot und Hyposnacks, damit wir unterwegs immer das Richtige dabei haben.

Der Diabetes ist 24 Stunden am Tag präsent. Von Routine kann absolut keine Rede sein und es läuft noch alles andere als rund. Die täglichen Abläufe, Essen vorbereiten, Diabetes Management und der Anspruch normales Leben für die kleine Qualle zu ermöglichen, kombiniert mit Nächten, die von wenig Schlaf geprägt sind, weil man sich fragt, wann der Wert endlich wieder runter geht, fordern uns.

Es gibt noch viele weitere Herausforderungen, die wir in den kommenden Wochen meistern werden, wie zum Beispiel der erste Schwimmbadbesuch, der erste Besuch der kleinen Qualle bei einem Freund und der erste Kindergeburtstag. 😀 Aber auch das schaffen wir irgendwie und erobern uns nach und nach unseren Alltag wieder.

Euch geht es gerade ähnlich wie uns damals? Dann lasst euch nicht entmutigen, es ist hart, aber es wird mit der Zeit besser. Haltet durch, ihr schafft das 🙂

Habt ihr Fragen oder Lust an einem Austausch? Dann kontaktiert uns gern per E-Mail… wir freuen uns auf eure Nachrichten.

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